Der Kongress mit dem Thema „Wald im Klimastress“ des Ministeriums für Umwelt Landwirtschaft und Natur – und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen fand am 11.11.2019 in Düsseldorf statt. Trotzdem an diesem Tage gerade im Rheinland die Närrische Zeit eingeleutet wird folgten der Einladung des MULNV eine Vielzahl von Teilnehmern nach Düsseldorf an den Rhein. Zum Auftakt bedankte sich Ministerin Frau Heinen-Esser bei allen Beschäftigten im Wald für ihr Engagement und die Bewältigung der gefährlichen und belastenden Arbeit im Zusammenhang mit den Dürreschäden in Nordrhein-Westfalen.
Weiter führte die Ministerin unter anderem an das derzeit an der Erstellung eines Bewertungssystems für die Ökosystemdienstleistungen des Waldes gearbeitet wird, dieses Bewertungssystem soll auf Bundesebene zur Herleitung von Bewertungsdaten entstehen. Und damit hoffentlich eine „monetäre“ Darstellung der bis Dato kostenlos bereit gestellten Leistungen des Waldes ermöglichen.
Die Ministerin bekräftigte noch einmal die Zusage der Landesregierung über Finanzmittel in Höhe von 9.0 Mio € um die aktuellen Folgen der Dürreschäden zu bewältigen.
Grundsätzlich begrüßen wir natürlich die Zusage dieser dringend benötigten Finanzmittel um die durch die Folgen der beiden bisherigen Dürresommer im Wald abzumildern.
Leider jedoch steht diese Mittelzusage von jährlichen Zuwendungen immer unter dem Vorbehalt der kommenden Haushaltsberatungen des Landtages und sind damit nicht durchgehend gesichert.
Darüber hinaus steht diese Zusage in keiner Relation zu anderen durch die Öffentliche Hand finanzierte Vorhaben.
Wenn man alleine die aktuelle Diskussion über die Sanierung der Kölner Oper in Höhe von mehr als 550 Millionen Euro sieht, mal einmal davon abgesehen das diese zusätzlich zu einer jährliche Finanzierung der in Höhe von 60 Millionen erhält, muss man sich die Frage stellen ob der Gesellschaft die Systemrelevanz des Waldes gegenwärtig ist.
Daher sehen wir diese Zusage erst als einen ersten Schritt hin zu einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung und einer dauerhaften Aufgabe den Wald als Teil einer Bekämpfung des Klimawandels zu „unterstützen“.
Im Anschluss folgten 2 Auftaktvorträge zum Thema der Veranstaltung die begonnen wurde durch einen wieder einmal erschreckenden Beitrag von Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joachim Schellnhuber vom
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung , Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen (WBGU) und unter anderem Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften des Vatikan.
Anschließend brach Herr Prof. Dr. Bitter von der TU Dresden, in seinem Impulsvortrag die Katastrophe runter auf Nordrhein-Westfalen und insbesondere auf die Situation im Sauerland.
Prof. Dr. Bitter trifft die Aussage „jeder ist betroffen und keiner wird ohne Folgen bleiben“ und stellt aus seiner Sicht unmissverständlich dar dass diese Katastrophe eine Folge des durch die Menschheit verursachten Klimawandels ist und sich der Gesellschaft in Europa zuerst im Wald für jeden sichtbar zeigt.
Die Folgen stellt Prof. Dr. Bitter aus betriebswirtschaftlicher Sicht des Clusters Wald und Holz, und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Wertschöpfung aus dem Wald dar.
Er ist der Auffassung das wir Grundlagen für eine Entscheidung der Waldbewirtschaftung vermutlich nicht mehr im Griff haben, Dazu kommt das dringend erforderliche Standortinformationen für den Wald leider nicht flächendeckend vorhanden sind, die Schaffung dieser Grundlagensicherung ist in der Vergangenheit sträflich vernachlässigt worden.
Unabhängig davon steht die Forstwirtschaft vor dem aktuellen Problem Entscheidungen für die Zukunft des Waldes zu treffen vor dem Hintergrund einer aktuellen nie dagewesenen Standortdynamik, wahrscheinlich, so Prof. Dr. Bitter weiter, müssen wir uns von der Planungsgrundlage der potentiellen natürlichen Vegetation verabschieden.
Dr. Constantin Zohner, Professur für Globale Ökosystemökologie von der Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich (ETH Zürich), nahm in seinem Vortrag Bezug auf die vor kurzem diskutierte Aussagen zum CO2 Speicherbeitrag durch das Pflanzen von zusätzlichen Bäume und dem Wiederaufforsten bereits verschwundener Wälder. Entgegen zum Teil anderer Zahlen die diskutiert werden rechnet die ETH Zürich mit der Möglichkeit bis zu 450 Gigatonnen an CO2 zu binden wenn die unglaubliche Zahl von 3 Billionen Bäumen gepflanzt werden.
Aber auch Dr. Zohner sieht davor erst einmal die unbedingte Erfordernis das alle jetzt bestehenden Wälder vor einer weiteren Reduktion durch Kahlschläge bewahrt werden.
Im Anschluss stellte Dr. Ammer, die waldbauliche Folgen der aktuellen Dürresituation und der abnehmenden Niederschläge und gestiegenen Temperaturen aus forstwissenschaftrlicher Sicht dar.
Die Entwicklung der negativen Wasserbilanz nimmt in den letzten Jahren dramatisch zu, es zeichnet sich deutlich eine Tendenz hin zu einer durchweg negativen Bilanz ab .
Damit steigt das durchschnittliche Befallsrisiko z.b. für die Fichte bis 2060 in einem Maße an, so dass in naher Zukunft Waldbestände in denen Fichte einen nennenswerten Anteil hat auf wenige verbleibende Bereiche in den Hochlagen reduziert werden wird.
Auch die Zukunftsfähigkeit der Buche ist bei der sich abzeichnenden Wasserbilanz in vielen Bereichen in Frage zu stellen, aus der Sicht von Dr. Ammer sollten umfangreichere Versuche mit epigenetisch angepassten Provinienzen z.b. der Buche gemacht werden, für eine großflächige Nutzung sind bisherige wissenschaftliche Erkenntnisse nicht ausreichend.
Derzeit sind Standortempfehlung von Baumarten nicht mit Ruhigen Gewissen machbar, bedingt durch fehlende Grundlagenforschung wird es auch immer wieder zu Rückschlägen kommen, der Versuch und die Risikostreuung durch Mischbestände muss daher ein Teil der Vorgehensweise sein.
Von einer pauschalen Aussage zugunsten einer großflächige Nutzung von fremdländischen Baumarten rät Dr. Ammer ab.
Die Entscheidung ober zu einer Natur- oder Kunstverjüngung gegriffen werden sollte muss von den individuellen Gegebenheiten abhängig gemacht werden.
Die Fragestellungen Wechsel Baumarten, Wilddichte, Finanzierung, Flächenvoraussetzungen usw, sind hier maßgebliche Entscheidungsgründe.
Letztendlich sieht er alles als Symptomdoktorei an , Ursache ist und bleibt der Klimawandel.
Beendet wurden die Vorträge durch einen Beitrag von Prof. Dipl. Ing. Ludger Dederich von der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg.
In seinem Beitrag kritisierte er die mangelnde Bereitschaft in Deutschland im allgemeinen und in NRW im speziellen die Chancen des modernen Holzbau zu nutzen.
Un das obwohl es vielfache Beispiele auch für langfristig bestehende Holzbauten bis zurück ins 12. Jahrhundert gibt. Aber natürlich gibt es auch aktuelle technische Innovationen im Holzbau wie z.b. der Tree Tower in Bergen / Norwegen oder das im Holzrahmenbau errichtete höchste Holzgebäude weltweit das sogenannte „Mjøstårnet“ im norwegischen Brumunddal, das mit seiner Gesamthöhe von 85,5 m zeigt welche Möglichkeiten im modernen Holzbau bestehen.
Die Möglichkeiten einer CO2 Bindung aber vor allem die Substitution von CO2 durch den Wegfall von Beton und Stahl wären immens.
In der abschließenden Podiumsdiskussionen der Landtagsparteien aus dem NRW Landtag und der Vertretung des Naturschutzes sowie dem MULNV wurden einmal mehr die unterschiedlichen Sichtweisen der Ursachen, den Zukunftsaussichten und den Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Trotz aller wissenschaftlicher Expertise in den vorangegangenen Beiträgen fanden diese nicht bei allen Beteiligten auf dem Podium ihren Niederschlag.
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