Arbeitsbelastung und Waldschäden im Zeichen des Klimawandels

„Die Schadensentwicklung in den Wäldern Nordrhein-Westfalens (NRW) begann im Jahr 2018 mit dem Sturm „Friederike“. In der Folge kam es zu weiteren Sturmereignissen mit zum Teil nur regionalen Auswirkungen. Darauf folgte jedoch im Sommer 2018 die extreme Dürre und eine bisher zumindest in NRW noch nie dagewesene Käferkalamität.

Die Einschätzung einiger Fachleute, die Folgen im Griff zu haben, sollten sich als falsch erweisen. Weder die Annahme, dass die geworfenen Bäume noch lange genug wasserversorgt bleiben, um ohne nennenswerten Befall aufgearbeitet zu werden, noch der Holzmarkt spielten mit.

Die Schäden haben sich seitdem rasant fortentwickelt und liegen in NRW bei aktuell circa 43 Millionen Kubikmeter Nadelholz und hinterlassen eine im weit überwiegenden Fall ehemals mit Fichte bestockte Schadfläche von bisher mehr als 120 000 Hektar Waldfläche. Damit sind bis heute mehr als 50 Prozent des Fichtenvorrates in NRW seit 2018 als Folge der Dürre und den Windwürfen dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen.

Die Dimensionen der Flächen können im Webangebot unter www.waldinfo.nrw.de von Wald und Holz NRW abgerufen werden. Hier findet sich zum Beispiel eine Übersicht als Kalamitätskarte Nadelwald und stellt die Vitalitätsabnahme auf den Flächen dar. Aber auch ein interaktiver Berater für die Wiederbewaldung mit dem hinterlegten Waldbaukonzept NRW und den darin empfohlenen Waldentwicklungstypen (WET) werden hier dem Waldbesitzenden oder Interessierten angeboten.

Die betroffenen Waldbesitzenden in NRW sehen nach einer Veröffentlichung des Landesbetriebes aktuell bessere Voraussetzungen als in den Vorjahren seit 2018, um den anfallenden Kalamitätsfolgen Herr zu werden.

Die Geschwindigkeit, mit der die abgestorbenen Flächen aktuell aufgearbeitet werden, befinden sich nach Auffassung aller Beteiligten derzeit auf einem Rekordhoch, und die guten Verkaufspreise für Kalamitätsholz ermöglichen vieles, was in den Jahren davor noch nicht machbar war. Doch nicht jede*r Waldbesitzende und nicht jede*r Ver- antwortliche hat die Möglichkeiten oderauch das Interesse, geeignete Maßnahmen zu Beendigung der Kalamität umzusetzen.

 

Fichtenkalamitätsfläche im Arnsberger Wald

Dazu kommt, dass den milden Winter 2021/2022 Milliarden von Käfern in den Waldbeständen, den Bäumen und in den oberen Bodenschichten überlebt haben. Mit Beginn der steigenden Temperaturen sind diese immensen Mengen wieder ausgeschwärmt. Aus den Übersichten und Kontrollstationen von Wald und Holz NRW zeigt sich in 2022, dass neben der erneut hohen Anzahl von Buchdruckern auch die Zahlen des Kupferstechers aktuell alarmierende Dimensionen erreichen. Die Dimensionen der Käfer können unter https://borkenkaefer.nrw.de abgerufen werden und verdeutlichen die Gefährdung für die verbliebenen Fichten. Damit bedrohen die Käfer nun auch jüngere Bestände, welche bisher noch verhältnismäßig vital die vergangenen Jahre überstanden haben.

Vor dem Hintergrund dieser Ausgangssituation werden nun dringliche Appelle und Forderungen an alle beteiligten Akteure in den betroffenen Regionen formuliert. Mit militärischer Ausdrucksweise wird dem Käfer der Kampf angesagt, als letzte Bastion sollen die Bestände in den Hochlagen des Sauerlandes und der Eifel verteidigt werden, und alle verfügbaren Kräfte müssen nun die Befallsherde identifizieren und bekämpfen.

Leider spielt bei diesen Versuchen, der Plage Einhalt zu gebieten, das Wetter nicht mit. Seit Monaten hat es in ganz NRW zu wenig geregnet, und das pflanzenverfügbare Wasser nimmt stetig ab. Und nun sind auch noch Temperaturen von bis zu 40 Grad vorhergesagt.

Die Erfolgschancen, in einem erheblichen Umfang Fichtenbestände vor einem Befall zu schützen, nehmen dadurch rasant ab. Das Gelingen hängt von vielen Faktoren ab, von denen bei Weitem nicht alle zu beeinflussen sind.

Was jedoch in allen Aufrufen und Kampfansagen, Pressemitteilungen und Förderungsrichtlinien nicht vorkommt, sind die

Kolleginnen und Kollegen, die seit nunmehr mehr als vier Jahren versuchen, die Schäden und die Folgen für den Wald und die Waldbesitzenden in den Griff zu bekommen. Es zeigen sich zunehmend Abnutzungserscheinungen und Erschöpfung bei den betroffenen Beschäftigten. Diese bleiben nicht ohne Folgen, den Personalrat bei Wald und Holz NRW erreichen seit Beginn des Sommers 2022 nun zunehmend die Anfragen von Förster*innen, die diese Überlastung so nicht mehr mittragen können oder wollen.

Man kann sich vorstellen, dass eine derartige Arbeitsüberlastung im Aufgaben- und Tätigkeitsbereich der Revierleitungen die Gefahr erhöht, dass es zu negativen Folgen oder Schäden bei der Aufgabenerledigung kommen kann.

Die seit Langem anhaltende Überlastungssituation erhöht außerdem die Gefahr, dass die Gesundheit und Arbeitsleistung der betroffenen Kolleginnen und Kollegen gefährdet werden. Die Mehr- und Überlastungen und ihre Auswirkungen verstärken sich teilweise wechselseitig seit ihrem Beginn, und dies bereits über mehrere Jahre hinweg. Notwendige Erholungsphasen gerade im Revierdienst konnten de facto in vielen Fällen nicht mehr in ausreichendem Maße wahrgenommen werden.

Die an vielen Stellen erforderliche Unterstützung durch vielfach junge Absolvent*innen der Hochschulen wird zum weit überwiegenden Teilen geschätzt und anerkannt. Doch auch die jungen Kolleg*innen können nicht alle Mehrarbeit auffangen oder sind nicht überall verfügbar.

Auch die unmittelbaren Gefahren durch die veränderten technischen Rahmenbedingungen in der Holzernte führen zu einer Belastung für die Kolleg*innen auf der Fläche, hier sind insbesondere die Forstwirt*innen gefordert.

Leider ist kein Ende dieser Belastungen oder gar eine Besserung in Sicht. Nach der Kalamität sind alle Beteiligten in der dringend erforderlichen Umsetzung der Wiederbewaldung gefordert. Dies erfordert auch in mittelfristiger Zukunft viel Engagement und Einsatz unserer Kolleg*innen.

Um den Aufgaben her zu werden und um auch langfristig die Motivation und Einsatzfähigkeit der Beschäftigten gewährleistehn zu könnenbedarf vor allem einer ausreichenden Anzahl von Personal. Die zaghaft, aber in letzter Zeit verstärkt aufkommende Diskussion über den Wegfall von Produktionsflächen, wegfallende Dienstleistungsverträge in Verbindung mit einer fehlenden Auslastung und dem Rückgang von Einnahmen in Verbindung mit einem Stellenüberhang zu bringen, zeugt nach Auffassung der Landesvertretung von einer erneuten kurzfristigen Denkweise.“