Prüfung unter dem Zeichen von Corona, Schadholz und einem novellierten Berufsbildungsgesetz.
In diesem wie im letzten Jahr fanden die beruflichen Prüfungen unter besonderen Umständen statt. Schon die schriftlichen Prüfungen konnten nur unter besonderen Hygienemaßnahmen durchgeführt werden. Neben dem verpflichtenden Tragen einer FFP2-Maske oder medizinischen Maske sollte auch der Nachweis eines negativen Coronatestes vor der Prüfung erbracht sein, um an der Prüfung teilnehmen zu können. In den Pausen hieß die Devise alles auf Abstand und bloß nicht zu nahekommen. Neben dem immer vorhandenen Prüfungsstress sind das Voraussetzungen, die zusätzlich zu schaffen machen können. Die praktischen Prüfungen konnten dann dank unseres Berufes im Wald etwas unbeschwerter stattfinden. Jedoch konnten die Urkunden und Zeugnisse nur im ganz kleinen Rahmen nach erfolgreicher Prüfung übergeben werden.
Abbildung 1 Abstand und Maske bei schriftlichen Prüfungen.
Den Veränderungen des novellierten Berufsbildungsgesetzes wurde schon im letzten Jahr in der Abschlussprüfung Rechnung getragen und in diesem Jahr auf die Zwischenprüfungen ausgedehnt, die im letzten Jahr in NRW noch pandemiebedingt ausgefallen waren. Das hieß, drei paritätisch gesetzte Prüfer für einen Prüfling und ein Wegfall der bisherigen Prüfung in Stationen Form, bei der ein Prüferpärchen über einen Prüfungstag eine Prüfungsstation fest besetzte und dort alle Prüflinge ihr Können präsentierten. In der neuen Form zogen die drei Prüfer mit den ihnen zugeteilten Auszubildenden über alle drei Prüfungsaufgaben der praktischen Prüfung und bildeten sozusagen das Team für einen Tag. Für die Prüfung unter Pandemiebedingungen konnten so feste Gruppen gebildet werden, die keine Durchmischung mehr nötig machten. Nach ersten Bedenken bei Prüflingen und Prüfern hat sich diese Alternative für die Prüfungen bewährt und wurde sogar als angenehm empfunden. Denn es war möglich, sich aufeinander einzustellen und die zu Prüfenden bei der Lösung von Aufgaben einen ganzen Tag lang zu begleiten. Eine Herausforderung war es, für die anstehenden Prüfungstage genügend Prüfer zur finden, um die Prüfung zu begleiten. Durch die Novellierung des Berufsbildungsgesetzes ist hier ein Mehrbedarf entstanden, der für dieses Ehrenamt nicht immer leicht zu decken ist.
Abbildung 2 Einweisung in den praktischen Prüfungstag bei der Zwischenprüfung in diesem Jahr.
In der Holzernte kam auf die zukünftigen Forstwirtinnen und Forstwirte das Ernten von Schadholz zu, was ebenfalls für außergewöhnliche Bedingungen sorgte. Kahlschlag und Dürrständer stellten andere Herausforderungen an die Prüflinge als in den Jahren vor der Kalamität. Laut Gefährdungsbeurteilung für den Einschlag musste je nach Stand des Baumes mit mechanischer Fällhilfe oder mit Seilunterstützung gefällt werden. Hier zeigten die angehenden Forstwirtinnen und Forstwirte in aller Regel aber ein souveränes Vorgehen mit gut entwickelten Fertigkeiten.
Erschütterungsfreies Aufkeilen war Pflicht bei der Fällung von Dürrständern in der Holzernte.
Neben der Holzernte hatten die Prüflinge dann noch zwei Aufgaben in den Bereichen Waldwirtschaft und Landschaftspflege zu bewältigen. Dabei ging es um die Wiederbegründung einer Kalamitätsfläche, bei der zum einen gepflanzt und zum anderen die Kultur dann mittels des Baus eines Hordengatters geschützt werden musste. In den Prüfungsgesprächen war dann die eigene Leistung inklusive Kalkulation zu bewerten und zusätzlich noch ausliegende Werkzeuge und Materialien fachlich darzustellen und hinsichtlich ihrer Gebrauchsfähigkeit einzuschätzen.
In der Zwischenprüfung in diesem Jahr gab es speziell bei der Bestandsbegründung einige sehr bedenkliche Bewertungen, die Befürchtungen aufkommen ließen hinsichtlich der Leistungen der Abschlussprüfung. Dies hat sich allerdings nicht bestätigt, wenngleich die Durchschnittsnote gegenüber dem langjährigen Mittel um 0,3 Notenpunkte absank.
Abbildung 4 Die Prüfungsstation Bestandesbegründung mit unterschiedlichen Werkzeugen für das Prüfungsgespräch
Abbildung 5 Gesamtergebnis der Prüfung 2021
Wie sieht es nun aus? Waren diese Voraussetzungen für die Prüfungen mit Corona, Kalamität und eine neue Prüfungsanordnung problematisch für die Ergebnisse in diesem und letztem Jahr? Sicherlich, es kam viel zusammen und man konnte teilweise die Unsicherheit spüren, gerade in dieser Abschlussprüfung, bei der die Teilnehmer keine Zwischenprüfung durchlaufen haben. Auch wenn viele Betriebe mit Engagement und Probeprüfungen versucht haben, diesen Mangel aufzufangen, ist eine richtige Zwischenprüfung nicht wirklich zu ersetzen. Schauen wir allerdings im Vergleich auf ein Mittel der letzten 10 Jahre, sind diese beiden Abschlussprüfungen nur marginal schlechter verlaufen. Der Notendurchschnitt der Gesamtnote ist von 2,99 im 10 Jahresmittel auf 3,14 in diesem Jahr gesunken.
Etwas bedenklich ist die Leistung im Bereich der Bestandesbegründung, hier sinkt die Note fast um 0,4 Notenpunkte im Vergleich zum 10 Jahresmittel ab. Das ist bei den Herausforderungen der letzten Jahre etwas verwunderlich, denn für das Pflanzen gab es ja genug Möglichkeiten.
Die Prüfung im Ausbildungsberuf Forstwirt/in ist ausgerichtet auf die handwerkliche Leistung in der praktischen Prüfung mit der doppelten Notengewichtung für diesen Prüfungsteil. Gerade in diesem Bereich ist der Ausbildungsbetrieb der Hauptakteur. Das ist aber auch die gute Nachricht in diesen Zeiten, die Ausbildung im Betrieb konnte auch im Zeichen der Pandemie gut weitergeführt werden. Das spiegelt sich dann auch in der Abschlussprüfung wider. Also alles in Ordnung? Das kann man so auch nicht sagen, wesentliche Teile der Berufsausbildung finden auch in der überbetrieblichen Ausbildung und der Berufsschule statt. Diese fand unter erschwerten Bedingungen theoretisch digital und in großen Teilen praktisch gar nicht statt. Das reißt Lücken im Grundgerüst der Ausbildung, die vielleicht in der Prüfung nicht unbedingt sichtbar werden, aber doch vorhanden sind. Das ließ sich in den Prüfungen bei den Fachgesprächen erspüren, wenn bei tiefer gehenden Fragen die Luft doch dünn wurde. Die Prüfungsausschüsse waren sich ebenfalls der besonderen Situation bewusst und haben darauf in den Prüfungen reagiert. Das alles zusammen hat dazu geführt, dass die Prüfung alles in allem im Ergebnis normal in abnormalen Zeiten verlaufen ist. Aber die Hauptsache ist, diese Jahrgänge sind keinesfalls handwerklich schlechter als die anderen und brauchen sich nicht verstecken. Im Gegenteil, sie haben unter widrigen Bedingungen einen vorzeigbaren Abschluss erreicht.
Ein Beitrag von
Peter Wiese
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